Dienstag, 19. Oktober 2010

Guter Rat ist teuer

In Momenten der vermeintlichen Ausweglosigkeit, der tiefen Ernüchterung und Trauer, in Momenten der genommenen Nähe und fehlender Intimität, wenn einem das eigene Ego nur Neonreklamen ins Gesicht zu schmeißen vermag, holt man sich doch gerne mal Rat oder Beistand. Manchmal hilft ein aufmunterndes "Wird schon alles werden!" oder ein mahnendes "Streng dich halt mal an!" schon eine ganze Strecke weiter. Hans Henning jedoch meint, man sollte aufpassen den Moment nicht zu verpassen, in dem man sich im Angesicht einer baldigen Trennung noch schnell ein, zwei benutzte Höschen sichern sollte. Ein, zwei würden nicht auffallen und man weiß ja nie, wozu sie noch gut sein könnten. Irgendwann würde sich diese Tat nochmal als nützlich herausstellen. Stichwort Erektionsstörungen. „Aber wo bleibt da die Liebe?“ frage ich ihn und er sagt: „Das ist Liebe!“. Ich gebe zu, soweit bin ich noch nicht. Aber man muss ja nicht jeden Tipp als auszuführend betrachten. Ein alter Freund sagt gerne: „Trennung ist immer das Beste!“. Auch das sehe ich anders. Aber Hans Henning wirkt bei dem Thema stets etwas desillusioniert, führt das zuweilen auch auf den Umstand zurück in Berlin zu leben. Liebe in Berlin ist schwer. Stimmt. Aber einer Stadt derart Macht über den eigenen Seelenfrieden zu vermachen kann es doch auch nicht sein. Dazu gehört mehr als den Verlockungen des Trivialen und Unanständigen zu widerstehen. Ich spreche da aus eigener Erfahrung. Es zieht und zerrt und zermürbt und wenn man nicht aufpasst verliert man alles was da mal als eigenes war. Und sei es nur ein Song. Ein Gedicht. 

am Ende prangert ein Leitsatz
We trust in Vodka, vorzugshalber
halbliterweise, dem Anspruch entsprechen
entkernt und entfremdet, formbarer
Stein, am Treiben verwittert, geschaffen
von Menschenhand, besetzt, ein Beat,
bleibt die Liebe auf der Strecke, das ist
Berlin, hier zu lieben, das ist schwer
von Bedeutung, nicht an Meinung, die
phänotypische  Wiederkehr von
gutem und schlechtem Geschmack, immer
wieder und wieder
                        keiner will es Spiel nennen
sie wetzen und schleifen sich ab, bringen
sich ein und katapultieren sich raus, dem
Ende der Vernunft entgegen und wenn es
wieder hell wird will es keiner gewesen sein
                       einer der es wissen muss
als Liebe theoretisiert wird, Prosa, Essay
und der gute Wille als Einbildung abgetan
war sie einst mal angetan, jetzt die Abkehr
Rückzug oder Vormarsch, prallt alles ab
vom Schild aus Eisen und Blut, vom Mensch
aus Fleisch und Wut, es geht viel länger
als eine Nacht, beständig bergab, darum
hatten wir uns abgesichert, abgeseilt, Wege
gefunden unsere Körper in idealer Weise
aneinander zu betten, der inneren Ruhe
wegen, nicht um Bequemlichkeit willen
                      eine deren Hand ich halten kann