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Dienstag, 7. Januar 2014

Only Lovers Left Alive - Das Set aus der Bravo Bar

Auf Wunsch zumindest mal das rudimentäre Gerüst, cheesy as it can be. Aber irgendwie ist es das, was alle wollen. Oder bilde ich mir das ein? Doch lieber einen Dirty Disco Youth-Mix? Oder Engtanz all-nite-long? Oder Tines Iphone? Man weiß es nicht. Am 28. Februar sind wir erst einmal wieder cheesy.

Freitag, 25. Januar 2013

Fließender Verkehr oder Die letzte Tour


Es wird nicht unbedingt schöner. Auch nicht bei Nacht. Doch es verändert sich. Er hatte ausreichend Zeit das zu Beobachten. Baustellen gibt es immer wieder. Die ganze Straße ist eine Baustelle. Nicht dass da überall Kräne herumstehen würden. Nein. Nicht hier in der angesagten Mitte. Es ist mehr Flickwerk. Mal da. Mal da. Eine Mulde für Schutt. Drei Bauzaunelemente, die einen Sandhaufen beschützen. Ein Gerüst an einem von Abgasen und Stadtstaub vergorenen Wohnungszweckbau aus den Sechzigern, der es wirklich bitter nötig hat gentrifiziert zu werden. Eine Dixie-Klo vor einer sich im Umbau befindlichen Location in Ladenoptik. Gestern noch Pop-Up-Store für ein aufstrebendes oder bereits dem Niedergang anheim gefallenes Modelabel. Heute im Umbau, mit Packpapier zur Uneinsicht verklebt. Morgen eine Bar mit DJ und starken Longdrinks, vorzugsweise Gin oder Vodka Tonic. Definitiv mehr als 2cl. Von außen nicht so richtig als Bar erkennbar. Weder als der Hot Spot, von dem alle reden. Alle. Die Stadt. Die Freunde. Die vermeintlichen. Die vielen. Natürlich gibt es einen Türsteher.

Es wird selektiert. Mehr schlecht als recht. An der Tür zur Bar. Bei der Wahl der Geschlechtspartner. Bei der Neuvergabe von individualistischer Lebensart und Weise im Zentrum von Berlin. Weltstädtisch. Man gibt sich. Ein unentwirrbares Zusammenspiel von Investitionen und Gleichgültigkeit. Was kümmert die Geschichte. Was kümmern die Geschichten. Des Teufels Wandelbarkeit liegt im Detail. Einen Plan gibt es nicht. Weder zur Bebauung. Noch zur Zukunft. Auch wenn man fleißig auf sie baut.

Es ist das Geld, das plant. Und es ist das Geld, das baut und verändert. Nicht nur das Straßenbild und die Fassaden. Auch die Menschen. Die Bewohner. Die Einwohner. Die real-existierende Summe derer, die durch ihr und das Leben im Kleinen und im Ganzen der Komposition aus Glas, Stahl und Stein überhaupt erst eine Berechtigung des Seins verleiht. Einen Zweck. Einen Glauben. Hier leben Menschen. Hier wollen Menschen leben. Hier finden sie ihr Zuhause. Hier finden sie eine Heimat. Und sie glauben daran. Ganz egal woher sie kommen. Sie haben davon gehört. Sie haben es gesehen. Und wenn sie nicht einfach dafür zahlen können, dann finden sie eben ein Schlupfloch in diesem Zaun, der Anstand von Wohlstand trennt.

Er kennt auch diese Grenzgänger. Speziell die Grenzgänger. Er ist zuweilen mit ihnen gewachsen. Hat Triumphe und Eskapaden bestaunt. Die zwangsläufig eintretenden Allmachtsphantasien belächelt. Manchmal hat er sie fallen gesehen. Anständig geblieben sind dabei die wenigsten. Manchmal hat er sie fallen lassen. Um sie zu Beschützen. Um sich selbst zu Schützen. Manchmal sieht er einen im Fernsehen. Doch was die alle wirklich so machen, interessiert ihn eigentlich nicht. Es ist nicht die Welt in der er lebt. Es ist ein Job. Irgendwann wird es vielleicht mal so sein, dass man sich auf Augenhöhe begegnet. Er parkt den Wagen unauffällig hinter einem Bauwagen und wählt eine Nummer. Er lässt es zweimal klingeln, dann dreht er mit der rechten Hand das Radio runter und genießt für einen Augenblick die das Innere des Wagens einnehmende Stille.

Timing ist alles in diesem Job. Man muss sich als Dienstleister verstehen. Als jemand, der in Demut und Bescheidenheit seinen Job macht. Und das richtig. Und gut. Es gibst selten jemand in dieser Branche, der von sich behaupten kann, seinen Job wirklich ernst zu nehmen, Den Meisten geht es nur um das Geld. Genauer formuliert: Um die Wertschöpfung. Die Rechnung war, ist und wird immer einfach bleiben. Die Nachfrage bestimmt das Angebot und der Anbietende bestimmt den Preis. Denn eines ist wichtig: Am Preis kann man was drehen. An der Qualität nicht. Die Qualität ist die Grundlage. Der Vertrauensbeweis.Und es geht nicht um gleichbleibende Qualität. Es geht um die jeweils beste. Da darf man keine Kompromisse machen. Sein Produkt ist ein Klassiker. Ein Evergreen. Eine Marke. Kein Partydroge aus den Neunzigern. Es ist ein Mythos, über den man nicht spricht. Ein offenes Geheimnis einer weites gehend geschlossenen Gesellschaft.

Der schlimmste Feind ist die Gier. Die eigene. Und die der anderen. Und die Stadt ist voll davon. Das macht vor keiner Branche halt. Das schnelle Geld. Der schnelle Erfolg. Die Macht. Der Sex. Die Drogen. Er hat das nie verstanden. Muss er auch nicht. Will er auch nicht. Er glaubt die Gier gespürt zu haben. Aber wenn das wirklich so sein sollte, dann hat er sie gezügelt. Besiegt. Nicht einfach. Man darf so etwas nicht anfangen ohne weit und breit angelegte Exit-Strategie. Und heute ist es soweit. Die letzte Nacht. Die letzte Tour. Und noch eine gute Tat.

Nach ein paar Minuten sieht er sie aus dem Haus kommen. Mit Abstand die schönste Frau, die in den letzten Jahren regelmäßig zu ihm ins Auto stieg, um bis zur nächsten Kreuzung oder einmal um den Block mitzufahren. Sie arbeitet bei einem Kulturinstitut. Was immer das auch ist. Wenn sie das sagt klingt das gut. Und irgendwie wichtig. Sie hat wilde, tiefschwarze Locken und zelebriert die Makellosigkeit ihrer Erscheinung mit zeitloser Eleganz. Er hat von Mode keine Ahnung. Von Fashion erst recht nicht. Aber er erkennt Stil. Und davon hat sie jede Menge. Das ist in der selbsternannten Modemetropole doch recht selten. Wenn alle so tun, als wäre Mode dazu da, sich eine Note zu geben, die unverwechselbar macht, warum sehen die dann alle irgendwie gleich aus?

Sie öffnet die Tür auf der Beifahrerseite und verbindet schwungvolles Einsteigen und Platz nehmen mit einem überschwenglichen Kuss auf die Wange. Sie mag ihn. Das weiß er. Er weiß auch, dass sie einsam ist. Ab und an stellt sie kleine Videos von sich ins Netz. Anonym. Sie sitzt dabei nackt vor ihrem Computer und masturbiert. Der Bildausschnitt der Webcam reicht vom Hals bis zu den Knien. Im Zimmer ist es dunkel. Der matthelle Schein des Monitors taucht ihren Körper in ein diffuses Licht und gibt ihrer Haut einen weichen und perfekten Schimmer. Eine idealisierte Wichsvorlage. Unglaublich schön. Vielleicht weiß das nur er. Sein Privileg als stiller Zeremonienbereiter. Er weiß viel über seine Kunden. Sie vertrauen sich oft an. Das mag den Zuständen geschuldet sein. Dem hohen Puls. Der Euphorie. Der Erwartung. Oder der Sucht. Oder einfach dem Umstand, dass sie glauben sich mit einem Geheimnis in guter Gesellschaft zu befinden.

Gute Gesellschaft hat sie nötig. Das spürt er. Er hält den Wagen etwas weiter die Straße runter, ein paar Meter vor einer Videothek mit ausgewähltem und spezialisiertem Repertoire: Film Noir, Splatter, Arthaus, Retrospektiven, Reihen, Schlingensief, Versionen in Originalsprache im Director' Cut und Filme, die man nie gesehen hätte und nicht will. Er drückt ihr das letzte Briefchen in die Hand. Das Letzte von grob geschätzt zig tausenden. Das allerletzte würde er gern sagen. Doch Abgänge wie diese, wie der seine, heute in dieser Nacht, müssen still und unbemerkt ablaufen. Polnisch nennt man das. Warum weiß er auch nicht. Er bittet sie das Briefchen mit dem netten Typen zu teilen, der im Begriff ist den Laden abzuschließen. Er zeigt auf ihn. Sie nickt. Timing ist alles. Sie schaut ihn kurz fragend an und will doch keine Antwort. Es liegt in der Luft. Heute passiert was. Sie steigt aus, lächelt ihn ein letztes Mal an, schließt die Tür und läuft winkend auf die Videothek zu. Sie werden sicher ein bisschen miteinander reden. Vielleicht auch mehr. Vielleicht gehen sie auch zusammen in die Bar gegenüber. Er weiß, dass sie dort gerne hingeht. Und von ihm weiß er es auch. Er weiß eigentlich ziemlich genau, in welchen Läden sich seine Kunden gerne aufhalten. Er würde alle diese Orte im Schlaf finden. Er würde jetzt gerne ganz lange Schlafen.

Er macht sein Telefon aus, nimmt es aus der Halterung links über dem Amaturenbrett, entfernt die Sim-Karte und wirft sie aus dem Fenster. Er streift sich das kleine Headset vom rechten Ohr und schaut ein letztes Mal der Gewohnheit geschuldet in Rück- und Seitenspiegel. Dann lässt er einmal mit aller Schärfe, ohne spürbar und sichtlich den Kopf zu bewegen, den Blick kreisen. Fast wie in Zeitlupe. Oder wie in einem Blockbuster mit DeNiro. Ein geübter Gangsterblick. Eine Notwendigkeit. Niemals hätte er sich verziehen, unachtsam gewesen zu sein. Man darf seiner eigenen Philosophie nie untreu werden. Die Gier. Die verdammte Gier. Wie oft hatte er sie gespürt. Doch da war keiner. Nie war da irgendjemand an ihm dran. Und so wird es auch bleiben. Er ist raus. Er fährt jetzt nach Hause. Zu seiner Frau. Zu seiner Tochter.

Er sieht die beiden vor der Videothek stehen. Sie lachen, gehen über die Straße und steuern auf den Eingang der kleinen Bar zu. Sie sehen gut aus. Irgendwie passen die zwei zusammen. Er hat ein gutes Gefühl bei der Sache. Sie werden sich nach dieser Nacht wiedersehen. Er ist sich ganz sicher. Heute ist etwas passiert. Und vielleicht werden sie ihn nicht vergessen. Vielleicht werden sie sich erinnern. Vielleicht. Und wenn alle anderen ihn bald vergessen, dann hat er alles richtig gemacht.

Er dreht den Zündschlüssel um. Der Dieselmotor fängt kaum merklich an zu Arbeiten. Er setzt den Blinker. Alles und wie immer ordnungsgemäß. Der Ringfinger seiner linken Hand drückt mit gespielter Anmut und ehrlicher Erleichterung einen ins Lenkrad eingelassenen Schalter und entstummt das laufende Radioprogramm. Klick bumm klack bumm. Ein beliebiger Mischmasch aus House und seichter Disko. Fahrstuhlmusik für Fortgeschrittene. Genau das richtige. Die Straße ist leer und doch hat er das Gefühl sich in den laufenden Verkehr einzuordnen. Als würde man einfach so in etwas aufgehen und nie wieder als der zurückkehren, der man mal war.




Sonntag, 11. November 2012

Ich komme



In ihr
hat sie Muskeln
und presst meinen Schwanz
sie flüstert zärtlich
der Teufel
superromantischer Rehaugenblick
als ich komme




(aus "Sex mit Monka Kruse oder Stell' Dir vor es ist Pop und keiner geht hin!", 1999)


Sonntag, 11. Juli 2010

Flieg zum Mond und bleib hier

Es sind die unterschiedlichen und doch seelenverwandten gesellschaftlichen Gruppen, die das Bild der Stadt in diesen Tagen prägen. Erst waren es die weniger wichtigen Teilnehmer der Bundesversammlung, die sich dachten, dass der Sommer die ideale Zeit sei, um Laientheater in Form einer Groteske aufzuführen und aus ihrer Mitte einen erkoren, der sich nun in präsidialen Würden schmücken könnte, das Amt aber leider nicht auszufüllen vermag. Ein schreckliches, aber heutzutage leider überall anzutreffendes Phänomen. Eine furchtbare Posse. Doch die politische Entscheidungselite hatte ihren großen Sommerauftritt und jetzt sind es die wirklich wichtigen Menschen die durch die Stadt geistern, vornehmlich in Mitte, am Bebelplatz, dazwischen und natürlich an, in und um die vielen Off-Locations, die geheimen und wundersamen Orte, an denen Goodie-Bag, Flying Buffet und Wodka-Mix-Getränke für umme noch etwas bedeuten. Jetzt sind sie in der Stadt, die Meinungsmacher, die Trendsetter, die Stars, die Sternchen, die Mondlandschaften. Ganz wunderbar.

Eine Freundin meinte gestern, dass es schlimm wäre, diese ganzen dünnen Jungs in Röhren- oder Pseudo-Capri-Hosen, mit feschen Indie-Scheitel, Stoffschühchen, Stofftäschchen und diesem unverkennbaren und unvergleichlichen Blick des Insiders, des Fashionista, des Kenners. Aber zumindest bekommen die Nutten auf der Oranienburger Straße mal wieder für ein paar Tage Konkurrenz in Sachen Outfit und Geschmack. Das man eben jenen auch für viel Geld nicht kaufen kann, ist ja schon länger bekannt, doch scheint es so, als würden das viele Besucher, sei es zugereist oder ansässig, nicht wahrhaben wollen und so tragen viele Modegänger Gesicht und Klamotten spazieren, die daran erinnern, wie arm sich so mancher fühlen muss und in wie viel Facetten sich Hilf- und Hoffungslosigkeit in Gesichtern und Gesten bemerkbar machen kann. Das ist schrecklich. Die Aura der Ergebenden. Ich frage mich manchmal, ob ich es jemals wieder los werde, ob ich jemals wieder rein sein kann. Hans Henning meinte, er fürchte, dass es schwer wird: die Verlockungen und Verheißung unserer aktuellen Kultur des Mit-, Gegen- und Durcheinanders seien zu groß, die Annehmlichkeiten ausreichend um sich nicht arm zu fühlen und die praktizierte Lust an Selbstverständnis und Selbstbefriedigung eine fast perfekte Grundlage für inhaltsfreie Kommunikation, den perfekten Zeitvertreib, das perfekte Ablenkungsmanöver. So lässt es sich leben in Berlin: boheme, bumsfidel und ohne Bedeutung. So macht das Leben Spaß. Hurra!

Hans Henning hat recht, ich fürchte ich bin verdorben. Einer von vielen. Mehr Fickstern als Fixstern. Doch ich fürchte es wird keine Schlacht geben, in der man sich mit dem Blut der Feinde und den Tränen der Überlebenden reinwaschen könnte. Keine finale Niederlage. Kein Triumph. Kein Ende in Sicht. Die Befreiung aus der Unzurechnungsfähigkeit hat gerade erst begonnen. Hans Henning hat vorgeschlagen wandern zu gehen. Ein Blutwunder wäre mal ein Anfang. Oder wie Kilian Kerner, einer der jungen, zeitgenössischen Poeten unserer Tage zur Fashion Week so schön formuliert hat: „Flieg zum Mond und bleib hier“. Verdammt, ich bin heute so voller Hass, so eitel, so verletztlich.