Montag, 17. Mai 2010

Tausend und eine Bar

Die Bar Tausend in Berlin ist eine überschaubare Bar, ein schlauchartiger Raum mit kleiner aber bemühter Mischung aus Dancefloor und Bühne auf der einen und einer monströsen Lichtinstallation auf der anderen Seite. Dazwischen erstrecken sich der Tresen und ein paar gepolsterte Sitzeinheiten, alles recht schick, warm und klar. Ursprünglich wollte man hier mal eine ‚Keine-Turnschuh-Politik’ durchsetzen, aber das ist nicht nur antiquiert, sondern auch abträglich, denn in der Bar Tausend begrüßt man gerne die urbane Mischung aus Prominenz, Geld und Style beziehungsweise das was man dafür hält; den Hipster, der auch Songwriter oder Maler sein kann, die modebewusste Unternehmensberaterin oder Agentur-Abteilungsleiterin, den bi- oder metrosexuellen Fashion & People-Fotografen oder Art-Direktor, ein bisschen Boulevard, ein paar Überall-und-Szene-Gesichter und ein paar von den reichen Russen, jene, die sich noch einigermaßen zu benehmen wissen und sogar Lust haben sich in diesem Berlin integrieren zu lassen. Also „ein Laden zum Niederbrennen“, wie Hans Henning lakonisch anmerken würde und er würde das Feuer mit Sicherheit auch nicht tagsüber legen, sondern Samstagnacht um halb drei, zur Primetime. Wer es dann brennend schafft den Ausgang zu erreichen, muss nur noch über den Schiffbauerdamm und kann sich mit einem beherzten Sprung in die Spree retten. Hurra. Partyspaß.
Man muss Hans Henning zu Gute halten, dass sein im wahrsten Sinne des Wortes vernichtendes Urteil kein Schnellschuss war. Die Entscheidung, die Bar Tausend und andere ähnliche Orte in Zukunft, egal ob für Showcase, Charity-Maskenball oder ein paar Drinks mit Freunden aus Hamburg oder München nicht mehr oder überhaupt erst einmal anzusteuern kam langsam und fast schon unterbewusst. Keine große Sache eigentlich, wenn Hans Henning nicht plötzlich das Gefühl gehabt hätte, seinen nächtlichen Aktionsradius noch weiter reduzieren zu müssen, kleinere Kreise zu ziehen. Und weniger Kreise. In Folge dessen kam er auch noch auf die Idee seine sozialen Kontakte einer eingehenden Prüfung zu unterziehen und auf ein Minimum, das es noch weiter zu definieren galt, zu beschränken. Doch auf das eingehende Prüfen verzichtete er und bei Minimum setzte er ganz unten an. Das wiederum roch jetzt zweifelsfrei nach einer großen Sache. Eine große Veränderung. Natürlich ist es in dieser Stadt nicht leicht solche Vorsätze konsequent zu verfolgen und umzusetzen, man muss sich schon ein wenig dazu zwingen, mit Gewohnheiten und vermeintlichen Annehmlichkeiten brechen. Zumindest Hans Henning geht das so. Er ist anfällig, zuweilen sogar hinfällig. Doch jetzt wollte er zumindest nicht mehr gefällig sein und das war mal ein Anfang.